Polymere aus erneuerbaren Rohstoffen

Nachhaltige Klebstoffe aus Finnland

Mit der Einführung von Klebstoffen, die auf erneuerbaren Rohstoffen basieren, unterstützt der finnische Hersteller Kiilto die Papier- und Verpackungsindustrie dabei, ihre Umweltziele zu erreichen.

20.06.2022 Lesezeit: ca. MinutenMinute

Polymere aus erneuerbaren Rohstoffen

Das finnische Chemieunternehmen Kiilto will schon 2028 klimaneutral sein. Die WACKER-Experten stießen daher auf offene Ohren, als sie Kiilto Bindemittel vorstellten, bei denen rechnerisch 100 Prozent der fossilen Rohstoffe durch zertifizierte erneuerbare Rohstoffe wie Biomasse ersetzt wurden.

Das Unternehmen Kiilto besteht seit über 100 Jahren und wird in vierter Generation von der Familie Solja geleitet. Wenn solch ein traditionsreiches Familienunternehmen ein „Versprechen gegenüber der Umwelt“ abgibt, wie dies Kiilto 2018 getan hat, dann ist dessen Erfüllung für die fast 1.000 Mitarbeiter eine Ehrensache.

„Wir möchten in unserer Branche führend im Umweltschutz sein, was sich in allen unseren Aktivitäten – von der Auswahl der Rohstoffe bis hin zu Verpackung, Energie, Logistik und Dienstleistungen – niederschlägt“, erklärt Maija Kulla-Pelonen, Managerin für Forschung und Entwicklung bei Kiilto. „Daher wählen wir erneuerbare Rohstoffe, wann immer es möglich ist, und reduzieren kontinuierlich den Einsatz fossiler Rohstoffe.“

Kiilto hat sich in vier Geschäftsbereichen organisiert, von denen einer Klebstoffe für die Industrie produziert und vertreibt. In vielen dieser Klebstoffe haben sich Vinylacetat-Ethylen(VAE)-Polymere der Marke VINNAPAS® bewährt. Diese polymeren Bindemittel von WACKER sorgen für die Haftung der Klebschichten zwischen den zusammenzufügenden Oberflächen. Das gilt insbesondere für Oberflächen aus Papier – unbeschichtet oder lackiert –, Pappe und Kunststofffolie.

WACKER stellt aus Ethylen und Essigsäure zunächst Vinylacetat-Monomer her, das dann – wiederum unter Einsatz von Ethylen – zu VAE copolymerisiert wird. Bis vor einigen Jahren wurden diese Polymere ausschließlich auf Basis fossiler Rohstoffe hergestellt.

1919

Kiilto, gegründet vor 103 Jahren, produziert und vertreibt chemische Lösungen in vier Geschäftsbereichen: Bau, Industrieklebstoffe, und professionelle Hygiene und Konsumgüter. Das familiengeführte Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern ist in elf Ländern Osteuropas und dem Baltikum tätig.

Blick in die Produktionshalle von Kiilto

Blick in die Produktionshalle von Kiilto

Blick in die Labors von Kiilto

Blick in die Labors von Kiilto: Die ständige Verbesserung seiner Produkte im Hinblick auf ihre Umweltfreundlichkeit gehört zu den Zielen des finnischen Unternehmens.

2019 präsentierte WACKER dann auf der Fachmesse European Coatings Show in Nürnberg polymere Bindemittel auf VAE-Basis, die laut einem zertifizierten Massenbilanzverfahren rechnerisch vollständig aus erneuerbaren Rohstoffen stammen. Kunden wie Kiilto steht seitdem eine fossile Rohstoffe sparende Alternative zu herkömmlich hergestellten VAE-Polymeren zur Verfügung.

Das Messeteam stand dabei vor der herausfordernden Aufgabe, den Interessenten zu erklären, was eine Zertifizierung nach dem Massenbilanzverfahren bedeutet: Insbesondere musste das Team potenzielle Vorbehalte zerstreuen, dass es sich dabei um eine Marketing-Wortschöpfung handelt, um herkömmlich erzeugten Industrieprodukten einen grünen Anstrich zu geben.

Zertifizierte Rohstoffe

Für die Produktion der VAE-Polymere, die WACKER inzwischen unter dem Namen VINNAPAS® eco vertreibt, wird derzeit biobasierte Essigsäure verwendet. Diese ist nach den internationalen Standards des PEFC (Programme for the Endorsement of Forest Certification Schemes) zertifiziert – ein Nebenprodukt der holzverarbeitenden Industrie, etwa der Zellstoffherstellung. Das Holz wiederum stammt aus Wäldern, die nachhaltig bewirtschaftet werden.

Weil der zweite Basisrohstoff für Vinylacetat-Ethylen – das Ethylen – auf dem Markt noch nicht als erneuerbare Variante in den nötigen Mengen und zu wirtschaftlichen Konditionen verfügbar ist, wiegt WACKER diesen fossilen Anteil durch den vermehrten Einsatz von biobasierter Essigsäure rechnerisch wieder auf. Die petrochemische Rohstoffquelle wird damit quasi „kompensiert“. Dies geschieht nach den Vorgaben des Standards REDcert², der die stoffliche Verwendung von Biomasse oder anderen erneuerbaren Rohstoffen in der chemischen Industrie zertifiziert. Dass dabei alles mit rechten Dingen zugeht und WACKER sich an die REDcert²-Vorgaben hält, wird von einem Prüfer auditiert und zertifiziert, der beim TÜV Nord akkreditiert ist.

WACKER verarbeitet die biobasierte Essigsäure in seinen bestehenden Anlagen gemeinsam mit der Essigsäure fossiler Herkunft. Somit entstehen VAE-Polymere, in denen die Atome zum Teil aus erneuerbaren und zum Teil aus fossilen Rohstoffen stammen. Anschließend trennt WACKER die hergestellte Menge an VAE-Polymeren gemäß dem Massenbilanzansatz rechnerisch in zwei Anteile. Das Endprodukt auf Basis von biobasierter Essigsäure ist im Labor nicht von dem Polymer auf fossiler Basis zu unterscheiden, die Qualität ist absolut identisch – nur die eingesetzten Rohstoffe in der Wertschöpfungskette sind eben andere.

Gabelstapler mit Fässern in Produktionshalle

Der Umweltaspekt von Klebstoffen der Reihe Kiilto Pro Pack Eco beruht nicht nur auf ihrer Rohstoffbasis, sondern wird darüber hinaus in der gesamten Lieferkette berücksichtigt.

„Unsere Kunden verfolgen die gleichen Umweltziele wie wir, nämlich die Förderung der Kreislaufwirtschaft, die Verringerung des CO2-Fußabdrucks und die Förderung der biologischen Vielfalt.“

Tomi Takala, Business Area Director, Industrial Adhesives and Fireproofing, Kiilto

Exakt berechnet

„Den Anteil, dem wir die Bezeichnung VINNAPAS® eco zuweisen, wählen wir dabei genau so groß, dass er die ursprünglich eingesetzte Menge an erneuerbarem Rohstoff nicht übersteigt“, sagt Lena Kläger, Sustainability Managerin bei WACKER POLYMERS.

Dieses zertifizierte Massenbilanzkonzept überzeugte Kiilto: „Wir meinen, dass dieses Verfahren ein erster, wichtiger Schritt in Richtung einer vollständig biobasierten Produktion ist“, sagt Maija Kulla-Pelonen, Innovationsmanagerin des finnischen Chemieunternehmens. „In vielen Fällen ist der Massenbilanzansatz momentan noch eine nachhaltigere Alternative als eine eigenständige biobasierte Produktion, weil bestehende Produktionslinien genutzt werden können, anstatt neue, derzeit noch weniger effiziente Produktionsanlagen zu bauen.“

So beschloss Kiilto, ein Portfolio von Klebstoffen auf den Markt zu bringen, das auf VINNAPAS® eco beruht. Unter dem Namen Kiilto Pro Pack Eco umfasst es 16 verschiedene Produkte für die Papier- und Verpackungsindustrie. Tomi Takala, Direktor dieses Geschäftsfelds bei Kiilto, sagt: „Unsere Kunden verfolgen die gleichen Umweltziele wie wir, nämlich die Förderung der Kreislaufwirtschaft, die Verringerung des CO2-Fußabdrucks und die Förderung der biologischen Vielfalt. Nun können wir ihnen Klebstoffe auf der Basis erneuerbarer Rohstoffe anbieten, die genauso hochwertig sind wie unsere etablierten Produkte.“ Tatsächlich kann VINNAPAS® eco die petrochemischen VINNAPAS®-Bindemittel in Formulierungen eins zu eins ersetzen – Qualität und Eigenschaften sind vollkommen identisch.

Eine Anlage für zwei Einsatzstoffe

VINNAPAS®- und VINNAPAS®-eco-Produkte werden in ein und derselben Anlage produziert. VINNAPAS® eco 8620 E ist ein Bindemittel, das fossile Ressourcen spart. Mit dem Kauf dieses Produkts werden 100 Prozent der fossilen Rohstoffe, die für seine Herstellung benötigt werden, durch nachhaltig zertifizierte erneuerbare Rohstoffe wie Biomasse ersetzt.

Grafik Produktion

„Wir meinen, dass dieses Verfahren ein erster, wichtiger Schritt in Richtung einer vollständig biobasierten Produktion ist.“

Maija Kulla-Pelonen, Managerin für Forschung und Entwicklung

Maija Kulla-Pelonen, F&E- und Innovationsmanagerin

Maija Kulla-Pelonen, F&E- und Innovationsmanagerin, verantwortet bei Kiilto die Entwicklung eines Portfolios von Klebstoffen, die auf VINNAPAS® eco basieren.

Nachhaltigkeit verpflichtet

Die Entscheidung, das Portfolio der Marke Kiilto Pro Pack Eco auf den Markt zu bringen, sei vom Versprechen gegenüber der Umwelt geleitet gewesen, sagt Takala. Somit hätten ökologische und nicht ökonomische Überlegungen den Ausschlag gegeben. „Allerdings sind wir zuversichtlich, dass der von uns eingeschlagene Weg auch aus geschäftlicher Sicht nachhaltig ist“, betont der Kiilto-Manager.

Johan Bülow, Sales Manager Polymere für die skandinavischen und baltischen Länder, freut sich über die Nachhaltigkeitsinitiativen seines finnischen Kunden: „Es ist uns gelungen, gemeinsam mit Kiilto das Geschäft mit VINNAPAS® eco für Klebstoffanwendungen im letzten Jahr auszubauen – und das in einem sehr herausfordernden Geschäftsklima, das infolge der Corona-Pandemie von einer schwierigen Logistiksituation und Rohstoff knappheit gekennzeichnet war.“

Künftig möchten Johann Bülow und sein Team die Zusammenarbeit mit Kiilto vertiefen, vor allem im Bereich des Marketings. „Wir denken da an gemeinsame Workshops für die Industrie, um diese von den Vorteilen massenbilanzierter Produkte zu überzeugen“, sagt der Sales Manager.

Denn jeder Kunde, der sich für VINNAPAS ® eco oder ein darauf basierendes Produkt entscheidet, trägt schon jetzt dazu bei, dass in der Produktion von WACKER der Anteil an erneuerbaren Rohstoffen steigt und weniger fossile Rohstoffe benötigt werden.

Kontakt

Mehr Informationen zum Thema erhalten Sie von

Frau Lena Kläger
Sustainability Manager
WACKER POLYMERS
+49 89 6279-1230
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