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Immer mit der Ruhe

Um Vibrationen im Autoinnenraum zu verhindern, setzt die Automobilindustrie immer häufiger Schwingungstilger ein. Stark dämpfende Festsiliconkautschuke von WACKER helfen, die schwingungstechnischen Eigenschaften von Bauteilen korrekt einzustellen. Sie wandeln Schwingungsenergie in Wärme um.

Kaum etwas irritiert den Käufer eines Neuwagens mehr, als wenn es nach dem Anfahren im Innenraum vibriert, klappert oder dröhnt. Die einschlägigen Foren im Internet sind voll von solchen Beschwerden „Bei 6.400 Kilometer Laufleistung traten plötzlich hochfrequente Vibrationen im Lenkrad auf, die auch auf der Fußablage, durch das Gaspedal und im Komfortsitz, besonders in der Kopfstütze, spürbar sind“, klagt etwa der Besitzer eines deutschen Oberklassemodells. „Zuerst empfindet man es wie eine ganz feine Vibration, aber nach 20 Minuten ist es ein ziemlich nervendes Gefühl.“

Vibrationen sind aber nicht nur nervig und hinterlassen einen zumindest subjektiv schlechten Qualitätseindruck – sie können auch zur Materialermüdung führen. Die Schwingungen entstehen in der Antriebseinheit und im Fahrgestell, durch den Kontakt der Reifen zur Fahrbahn. Typisch ist, wie oben beschrieben, dass sie auf schwingungsfähige Teile wie Schaltknüppel, Armaturenbrett oder Lenkrad übertragen werden. Sind die vibrierenden Teile groß genug, strahlen sie Schallwellen ab – dann entstehen zusätzlich unerwünschte Brumm- und Dröhngeräusche.

Dämpfer versus Tilger

Um Vibrationen und hörbaren Schwingungen entgegenzuwirken, ohne dazu die Grundkonstruktion des Fahrzeugs ändern zu müssen, stehen den Automobilherstellern prinzipiell zwei Wege offen: Sie können entweder verhindern, dass Vibrationen von einem stark schwingenden Bereich auf einen anderen Bereich übertragen werden, oder aber die vibrierenden Bauteile beruhigen. Im ersten Fall kommen schwingungsentkoppelnde Dämpfungselemente zum Einsatz, im zweiten Fall Schwingungstilger. Beide Verfahren erhöhen den Fahrkomfort, steigern den Qualitätseindruck und helfen, vibrationsbedingte Schäden zu vermeiden.

Das Problem der störenden Vibrationen hat sich für die Automobilindustrie in den letzten Jahren verschärft. Gründe sind das Downsizing der Motoren und die Leichtbauweise. Die hubraumreduzierten, aber leistungsstarken Motoren vibrieren kräftiger als klassische 4- oder 6-Zylinder- Motoren mit großem Hubraum. Leichte Bauteile und Baugruppen bringen zwar eine erhebliche Gewichtsersparnis, können aber deutlich leichter vibrieren als schwere Teile. Vor diesem Hintergrund stößt besonders der Einsatz von Schwingungstilgern auf zunehmendes Interesse.

Korrekte Montage, Große Wirkung

Messung des Rückprallverhaltens von ELASTOSIL® R 752: Je weniger der Stößel zurückschwingt, desto besser absorbiert er die Vibrationen.

Solch ein Tilger wirkt direkt an der schwingenden Baugruppe. Wird er an genau der Stelle der vibrierenden Baugruppe montiert, wo deren Schwingungsamplitude am größten ist, kann er die unerwünschte Schwingung deutlich reduzieren – die Baugruppe wird beruhigt.

Ein Schwingungstilger ist ein schwingungsfähiges Masse-Feder-Dämpfer-System, das aus einem Metallkern und einem gummielastischen Mantel besteht. Darin wirkt der Metallkern als schwingende Masse, wohingegen der Mantel die Funktion der Feder und des Dämpfers übernimmt. Die unerwünschte Schwingung der Baugruppe regt den Tilger zu heftigen Schwingungen an. Indem der schwingende Tilger der anregenden Schwingung fortwährend Energie entzieht, bringt er sie nahezu zum Erliegen. Dies funktioniert allerdings nur dann, wenn der Tilger auf Resonanz mit der auszulöschenden Schwingung abgestimmt ist, wenn also seine Eigenfrequenz nahezu gleich der Frequenz der anregenden Schwingung ist.

Die Eigenfrequenz lässt sich über das Gewicht des Metallkerns sowie über die sogenannten dynamisch-mechanischen Eigenschaften des Elastomers einstellen. Gemeint sind damit solche Eigenschaften, die das viskoelastische Verhalten des Elastomers als Reaktion auf die Einwirkung einer zeitlich veränderlichen Kraft beschreiben. Wirkt eine Kraft, die sich periodisch mit der Zeit ändert, auf das Elastomer ein, verformt sich das Material periodisch – allerdings mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung. Je stärker die Deformation der einwirkenden Kraft hinterherhinkt, desto stärker dämpfend wirkt das Material und desto geringer ist seine Elastizität.

Elastisch, aber dämpfend

ELASTOSIL® R 752

Silicone dieser Produktreihe vulkanisieren zu Elastomeren, die deutlich weniger elastisch sind als Vulkanisate gewöhnlicher Siliconkautschuke. Sie wirken deshalb bei Schwingungen stark dämpfend.

Generell muss das in Schwingungstilgern eingesetzte Elastomer elastisch genug sein, um überhaupt als Federmaterial wirken zu können. schwingungsdämpfende Eigenschaften haben, also einen Teil der Schwingungsenergie in Wärme umwandeln können. Wie groß dieser in Wärme umgewandelte Anteil ist, wird durch den Verlustfaktor ausgedrückt. Er beschreibt das Verhältnis von der in Wärme umgewandelten Energie zu der Energie, die im Elastomer elastisch gespeichert ist. Der Verlustfaktor hängt unmittelbar davon ab, wie stark die Deformation der einwirkenden Kraft hinterherhinkt.

Mehr Spielraum

Dynamisch-mechanische Analyse des Verlustwinkels: Der untere Stößel wird in Vibrationen versetzt – gemessen wird, inwieweit diese Vibrationen auf den oberen Stößel übertragen werden.

Zur Herstellung von Schwingungstilgern bietet WACKER mehrere Produktreihen von Festsiliconkautschuken an, die sich in ihren schwingungstechnischen Eigenschaften unterscheiden. Jüngst hat der Konzern seine Produktreihe ELASTOSIL® R 752, deren Vulkanisate stark schwingungsdämpfend wirken, vervollständigt. „Dadurch erhalten die Siliconverarbeiter einen größeren Spielraum als bisher, um Schwingungstilger auf unterschiedliche Kundenanforderungen einstellen zu können“, sagt Dr. Christof Wörner, der als Leiter eines anwendungstechnischen Labors bei WACKER in Burghausen die Entwicklung dieser Spezialkautschuke verantwortet hat.

Für die Vulkanisate aller Silicontypen der Reihe ELASTOSIL® R 752 – und damit für sämtliche Härtegrade, welche diese Reihe abdeckt – liegt der Verlustfaktor zwischen etwa 0,23 und 0,28. „Diese Siliconelastomere wandeln somit mehr als 20 Prozent der Schwingungsenergie in Wärme um – das sind sehr hohe Werte“, erklärt Christof Wörner. Bei Standard-Siliconelastomeren liegt der Verlustfaktor im mittleren Härtebereich bei etwa 0,15, hochelastische Typen haben Verlustfaktoren von nur rund 0,07. Dieses Vermögen, Schwingungen stark zu dämpfen, ist die Besonderheit der Reihe ELASTOSIL® R 752. „Kaum ein anderes marktgängiges Silicon erreicht so hohe Verlustfaktoren“, betont Wörner.

„Siliconverarbeiter erhalten mit ELASTOSIL® R 752 einen größeren Spielraum, einen Schwingungstilger auf Kundenanforderungen einstellen zu können.“

Christof Wörner, Technical Manager Automotive, WACKER SILICONES

Breitbandig ausgelegt

Damit ergeben sich neue Möglichkeiten für die Hersteller von Schwingungstilgern: Wird nämlich ein stark schwingungsdämpfendes Siliconelastomer als Feder-Dämpfer-Komponente verwendet, kann ein Tilger Schwingungen innerhalb eines relativ breiten Frequenzbereichs reduzieren – Schwingungstilger lassen sich mit ELASTOSIL® R 752 breitbandig auslegen. Mit Standard- oder gar hochelastischen Silicontypen ist das nicht möglich.

Die Möglichkeit, Schwingungstilger mit den Siliconen der Produktreihe ELASTOSIL® R 752 breitbandig abstimmen zu können, wird bereits zur Herstellung von Innenrohrtilgern für die Antriebswellen von Automobilen genutzt.

Eine Antriebswelle überträgt das vom Motor bereitgestellte Drehmoment vom Getriebe auf ein Rad. Während der Fahrt entstehen in diesen Wellen fortwährend Biegeschwingungen. Ursachen dafür sind vor allem Unebenheiten der Straße, aber auch heftige Änderungen der Wellendrehzahl beim Beschleunigen und Bremsen; auch eine Unwucht der Welle löst Biegeschwingungen aus. Die schwingende Welle kann viele verschiedene Schwingungszustände mit unterschiedlichen Frequenzen einnehmen. Diese Schwingungen gilt es möglichst wirksam zu reduzieren – würden sie doch den Fahrkomfort erheblich beeinträchtigen.

Tilger im Rohr

Aus Gewichtsgründen sind Antriebswellen in modernen Autos häufig hohl, also als Rohr ausgeführt. In diesen Fällen bieten sie in ihrem Innern Platz für einen Schwingungstilger. Ist der Tilger korrekt und breitbandig genug abgestimmt und wird er mittig in der Hohlwelle platziert, kann er die Biegeschwingungen so weit schwächen, dass sie im Fahrzeuginnenraum nicht mehr zu spüren sind.

Für die Elastomerkomponente von Innenrohrtilgern erweisen sich die Festsilicone der Reihe ELASTOSIL® R 752 als die optimalen Werkstoffe: Mit ihren großen Verlustwinkeln schaffen diese Silicone die Voraussetzung für eine Beruhigung der Antriebswelle bei den Frequenzen, die für den Fahrkomfort relevant sind. Zugleich haben die Vulkanisate alle silicontypischen Eigenschaften wie gute Temperaturbeständigkeit, Kälteflexibilität und Alterungsbeständigkeit – ein großer Vorteil gegenüber organischen Gummis. Anders als bei organischen Elastomeren ändert sich der Verlustfaktor der Silicone innerhalb des großen Temperaturbereichs von -50 bis +200 Grad Celsius nur geringfügig. Damit wirkt der Innenrohrtilger in strengen nordischen Winternächten nicht anders als in den heißesten Wüstengegenden.

„Die stark dämpfenden Festsiliconkautschuke der Produktreihe ELASTOSIL® R 752 ermöglichen eine kostengünstige Fertigung der schwingungsreduzierenden Bauteile auch in großen Stückzahlen“, erklärt Dr. Wolfgang Schattenmann, Leiter des Business Teams Rubber Solutions bei WACKER SILICONES. Sämtliche Typen dieser peroxidisch vernetzenden Festsiliconkautschuke können nicht nur in den gebräuchlichen Formpressverfahren, sondern auch durch Spritzgießen verarbeitet werden.

Ihre Anwendungen sind übrigens keineswegs auf die Automobiltechnik beschränkt, wie Schattenmann betont. „Schließlich werden Schwingungstilger überall dort benötigt, wo Schwingungen stören.“

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