Milchschaum in Perfektion

Geschäumte Milch gehört zum Cappuccino wie Kohlensäure zum Sekt. Jetzt können auch Veganer, die pflanzlichen Milchersatz bevorzugen, einen vollmundigen, cremigen Schaum genießen. Der Zusatz von Cyclodextrinen aus Pflanzenstärke macht’s möglich.

30.11.2020 Lesezeit: ca. MinutenMinute

Milchschaum in Perfektion

Milchschaum ist nicht gleich Milchschaum. Mittlerweile gibt es in vielen großen Städten sogenannte Barista Academies, wo Cafébesitzer, aber auch Privatleute lernen, wie man einen aromatischen Kaffee samt dem perfekten Milchhäubchen obendrauf herstellt. Die Betreiber großer Kaffee- und Fastfoodketten wiederum unterhalten ihre eigenen Fortbildungseinrichtungen und Labore, um ihren Mitarbeitern das nötige Know-how für Cappuccino, Latte Macchiato und Co. zu vermitteln und an der optimalen Formulierung zu arbeiten. Nicht heißer als 65 bis 68 Grad Celsius sollte die Milch sein und die Dampfdüse immer einen bis zwei Zentimeter unter der Oberfläche der Milch sitzen – so lauten zwei von einer ganzen Reihe Regeln, die ein guter Barista kennen sollte.

Neben dem cremig-süßlichen Geschmack ist auch das Erscheinungsbild des Toppings (englisch für Deckschicht oder Garnierung) wichtig, denn das Auge trinkt bzw. genießt bei Latte Macchiato und Cappuccino offensichtlich mit. Daher bemühen sich immer mehr Cafés und Espressobars darum, ihrer Kundschaft diese Kaffeespezialitäten mit Milchschaum-Bildern zu verzieren. Professionelle Baristas messen sich sogar in internationalen Wettkämpfen in dieser sogenannten Latte Art.

Was aber ist mit Soja-, Mandel- oder Hafermilch, die von vielen Verbrauchern heute als pflanzliche Alternativen zu Kuhmilch bevorzugt werden? Sei es, weil sie den Konsum tierischer Produkte teilweise (Flexitarier) oder komplett (Veganer) reduzieren wollen, sei es, weil sie Laktose oder Milchproteine aufgrund einer Milchproteinallergie oder einer Laktoseintoleranz nicht vertragen.

Die Lebensdauer des Schaums fällt deutlich länger aus. Der Kaffee macht in der Tasse sehr viel länger etwas her.

Dr. Ulrike Fischer-Nägele, Leiterin Lebensmittellabor, WACKER BIOSOLUTIONS

Blick ins Lebensmittellabor in Burghausen: Mit dieser Versuchsanordnung messen die Techniker die Schaumfestigkeit.

Blick ins Lebensmittellabor in Burghausen: Mit dieser Versuchsanordnung messen die Techniker die Schaumfestigkeit.

Zwar lassen sich auch pflanzliche Milchalternativen aufschäumen, aber erfahrene Baristas wissen, dass es mit ihnen zumindest schwieriger ist, große Latte Art hervorzubringen. „Entscheidend hierfür ist die Stabilität und Dauerhaftigkeit des Schaums“, betont Dr. Ulrike Fischer-Nägele, die das Lebensmittellabor von WACKER BIOSOLUTIONS in Burghausen leitet.

Mit Cyclodextrinen, ringförmigen Zuckermolekülen aus Pflanzenstärke, bietet WACKER BIOSOLUTIONS eine Zutat an, die genau diese Eigenschaften unterstützt. „Wir haben den Einfluss von Alpha-Cyclodextrin auf Schaumeigenschaften wie Volumen, Stabilität und Textur in verschiedenen Modellsystemen untersucht“, berichtet Dr. Ulrike Fischer-Nägele. Mit Modellsystemen meint die Expertin, dass neben Kuhmilch auch Milchpulver und verschiedene Pflanzenmilch-Arten als Ausgangsstoffe für den Schaum dienten.

Faszination Milchschaum mit allen Sinnen

Faszination Milchschaum mit allen Sinnen
Getestete Modellsysteme, Schaumbildungsprozesse und Schaumeigenschaften

Getestete Modellsysteme, Schaumbildungsprozesse und Schaumeigenschaften

Milchpulver: Milch- und Nichtmilch-Toppings in Pulverform mit unterschiedlichem Fettgehalt; Milch: ultrahocherhitzte (H)-Milch mit unterschiedlichem Fettgehalt; pflanzlicher Milchersatz: (in diesem Fall Mandelmilch mit 2,5 % Mandelanteil). Der Schaum wurde entweder durch die Injektion von Dampf mittels einer Kaffeemaschine oder durch die Verwendung eines Milchaufschäumers erzeugt. Anschließend wurden verschiedene Eigenschaften des resultierenden Schaums analysiert.

Alle diese Milchalternativen sind stark im Kommen: Allein in den USA steigt die Nachfrage nach Soja- und Mandelmilch jährlich um rund zehn Prozent, wie Marktstudien belegen. Auch aus pulverförmigen, milchbasierten Spezialprodukten entstehen Topping- Alternativen zu frischer Milch, die darüber hinaus auch besonders gut haltbar und in fertigen Systemprodukten kombinierbar sind.

Reversibel eingeschlossen

Die Untersuchungen aus dem Lebensmittellabor von WACKER in Burghausen liefern eindrucksvolle Zahlen, die den positiven Einfluss von Cyclodextrinen belegen. WACKER vermarktet diese ringförmigen Zuckermoleküle, die andere Moleküle reversibel einschließen können (siehe Kasten unterhalb), unter der Marke CAVAMAX®. So verdoppelt etwa ein 1,4-prozentiger Zusatz von CAVAMAX® W6 zu einem Milchpulverprodukt mit mittlerem Fettgehalt nahezu das Volumen des entstandenen Milchschaums. CAVAMAX® W6 wird in einem patentierten biotechnologischen Verfahren aus Pflanzenstärke hergestellt. Äußerlich lässt sich dieses Alpha-Cyclodextrin nicht von anderen Zuckerstoffen unterscheiden. Seine Moleküle bestehen aus sechs Glucose-(Dextrose-)Bausteinen, die ringförmig verknüpft sind. WACKER BIOSOLUTIONS stellt das Produkt in einem enzymatischen Prozess aus Stärke her.

Cyclodextrine

Cyclodextrine sind Oligosaccharide, die von WACKER BIOSOLUTIONS durch den enzymatischen Abbau von Pflanzenstärke hergestellt werden. Die Rohstoffbasis bildet dabei Mais. Charakteristisch ist ihre ringförmige, dreidimensionale Struktur mit einem hydrophoben Hohlraum. Dieser Hohlraum kann ein lipophiles Molekül als „Gast“ aufnehmen – vorausgesetzt, dessen Größe und Form sind kompatibel. Die hydrophile Außenfläche sichert wiederum die Kompatibilität mit wässrigen Systemen. Diese spezielle Struktur von Cyclodextrinen eröffnet ihnen eine Vielzahl von Anwendungsfeldern in Medikamenten, Nahrungs- und Nahrungsergänzungsmitteln oder technischen Anwendungen. Als funktionale Additive dienen sie zur Stabilisierung von empfindlichen Substanzen, zur kontrollierten Abgabe von Bioaktivstoffen, zur Maskierung von Fremdaromen, zur Rheologiesteuerung und zur Verbesserung der Löslichkeit und Bioverfügbarkeit.
Abhängig von der Größe des Rings unterscheidet man folgende Typen: α-Cyclodextrin mit sechs, β-Cyclodextrin mit sieben und γ-Cyclodextrin mit acht Glukoseeinheiten. WACKER ist das einzige Unternehmen weltweit, das alle drei in der Natur vorkommenden Cyclodextrine herstellt. Sie unter den Handelsnamen CAVAMAX® W6 (α-Cyclodextrin), W7 (β-Cyclodextrin) und W8 (γ-Cyclodextrin) vermarktet.

Schaum bleibt länger stabil

Über den positiven Einfluss auf Volumen und Stabilität des Schaums hinaus hat das Alpha-Cyclodextrin noch weitere erwünschte Effekte: Auch die sogenannte Half Life Time, worunter die Fachleute die Zeit bis zur Reduzierung des Schaumvolumens auf die Hälfte verstehen, kann durch die Zugabe von CAVAMAX® W6 von 3 auf 15 Minuten deutlich gesteigert werden. „Damit wird dem Verbraucher eine längere Zeit ermöglicht, in der das Kaffeegetränk mit einem attraktiven Topping serviert werden kann“, erklärt Ulrike Fischer-Nägele. „Der Kaffee macht in der Tasse deutlich länger etwas her.“

Ihre Kollegin Yvonne Haslauer beschreibt einen weiteren Pluspunkt des veganen Zusatzes: „Der mit einem Zusatz von CAVAMAX® W6 erstellte Schaum sieht einheitlicher und cremiger aus als ein entsprechender reiner Milchschaum – ein Effekt, der dem Verbraucher sofort ins Auge fällt.“

Für die schaumverbessernde Wirkung haben die Nahrungsmittelspezialisten von WACKER BIOSOLUTIONS eine Erklärung parat: Die ringförmigen Moleküle des Alpha-Cyclodextrins besitzen eine hydrophile (wasseranziehende) Außenseite und in ihrem Inneren eine sogenannte lipophile Kavität, eine Art fettliebenden Hohlraum. „In dieser lipophilen Kavität können fettlösliche Bestandteile der Milch, beispielsweise Triglyceride, bestimmte Komplexe, also Einschlussverbindungen, bilden. Damit kontrollieren sie das Zusammenfließen der flüssigen Phase und stabilisieren so die Schaumstruktur.“ Die flüssige Phase ist dabei die Milch, die mittels des Aufschäumprozesses zu einer Dispersion (gasförmig/flüssig = Schaum) umgesetzt wird. „Diese stabilisierten Barista-Toppings lassen sich übrigens sowohl auf kaffeebasierten Getränken als auch auf Teegetränken wie Chai Latte als geschmacksvolles Lifestyle-Add-on konsumieren“, ergänzt Yvonne Haslauer.

Schaumvolumen verschiedener Barista-Formulierungen:

Der Zusatz von 1,4 Prozent Alpha-Cyclodextrin (ACD) verdoppelt den Aufschlag fast. Die gleiche Menge eines inerten linearen Oligosaccharids (Maltodextrin) wurde zum direkten Vergleich und zur Kontrolle des Schaumvolumens hergenommen. Maltodextrin verursachte nur eine leichte Zunahme des Overruns (Aufschlagvolumen), bedingt durch die Zunahme der Trockensubstanz. Das Hinzufügen von Alpha-Cyclodextrin zum Barista-Topping ermöglicht nicht nur eine verbesserte Schaumkapazität – die stabilisierende Wirkung von CAVAMAX® W6 verzögert auch Schaumabbau-Reaktionen (Ostwald-Reifung, Entwässerung, Koaleszenz, Drainage) und beeinflusst daher positiv die Schaumstabilität in diesen Toppings.

Schaumvolumen verschiedener Barista-Formulierungen

Schaumvolumen verschiedener Barista-Formulierungen

Schaumstabilität bei Verwendung von Alpha-Cyclodextrin:

Der Graph zeigt die Zunahme der Schaumstabilität für das Modell Milch- und Nichtmilchpulver, rekonstituiert aus vier Gramm Pulver in 100 Gramm Wasser. Der Zusatz von Alpha-Cyclodextrin erhöht die Schaumstabilität auch bei niedrigen Dosierungen und verlängert die Schaumhalbwertszeit (die Zeit, in der das Schaumvolumen um die Hälfte schrumpft) von drei auf 15 Minuten. Barista-Produkte sind luxuriöse Lifestyle- Produkte. Das bedeutet, dass der Verbraucher neben dem Volumen und der Stabilität des Toppings auch dem Gesamteindruck große Bedeutung beimisst. Das Erscheinungsbild des Schaums sollte schön cremig und homogen sein. Für den Verbraucher korreliert diese homogene, cremige Porenstruktur mit einem vollmundigen Getränk und einem verbesserten Mundgefühl. Insbesondere die pflanzlichen Barista-Toppings brauchen in dieser Hinsicht oft einen zusätzlichen Schub.

Schaumstabilität bei Verwendung von Alpha-Cyclodextrin

Schaumstabilität bei Verwendung von Alpha-Cyclodextrin

Professionelle Geschmacksprüfer

Abgesehen von der verbesserten Schaumstabilität gibt es noch einen geschmacklichen Effekt, wenn pflanzliche Kuhmilch-Alternativen mit einem Zusatz von Alpha-Cyclodextrinen aufgeschäumt werden. Dieser sensorische Aspekt wird mit dem sogenannten Dreieckstest analysiert. 18 Frauen und Männer stehen dafür in einem neutral beleuchteten Raum aufgereiht an einem langen Tisch; ihre Plätze sind vom jeweiligen Nachbarn durch eine kleine, intransparente Scheibe abgetrennt. Jedem von ihnen werden drei Gläser gereicht, in denen sich eine milchige Flüssigkeit befindet. Die professionellen Prüfer sollen herausfinden, welches ihrer drei Gläser von den anderen abweicht.

Die Gläser enthalten entweder reine Mandelmilch oder Mandelmilch mit einem einprozentigen Anteil an Alpha-Cyclodextrin. Bei dieser sogenannten Dreiecksprüfung, einem in einer DIN-Norm beschriebenen Verfahren, gelang es 12 der 18 Prüfer eines unabhängigen Instituts, die jeweils abweichende Probe korrekt zu identifizieren. Dabei beschrieben die Prüfer die reine Mandelmilch als wässrig, nussartig, bitter und körperlos. Auch der Begriff „adstringierend“ fiel, der für ein zusammenziehendes Gefühl im Mund steht. Die Mandelmilch mit CAVAMAX® W6 schmeckte den Prüfern dagegen im Schnitt vollmundiger, cremiger und weniger bitter.

Kontakt

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Frau Dr. Ulrike Fischer-Nägele
Leiterin Technical Service Nutrition
WACKER BIOSOLUTIONS
+49 8677 83-87356
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