Antivirale Medikamente

Cyclodextrine

Gegen das neuartige Coronavirus werden derzeit Impfstoffe entwickelt, gleichzeitig werden vorhandene und neue Medikamente erprobt. Die Suche nach einem Medikament zur Behandlung der Lungenkrankheit COVID-19 ist bereits weit fortgeschritten. Zu einem besonders vielversprechenden Kandidaten laufen momentan weltweit klinische Studien.

Nicht nur in diesem speziellen Bereich gilt: Die Entwicklung von Medikamenten ist ein langwieriger Prozess, bei dem Pharmaunternehmen immer wieder Hürden verschiedenster Art nehmen müssen. So sind zum Beispiel manche Arzneistoffe schwer wasserlöslich. Das erschwert die Aufnahme des Wirkstoffs im Körper. Der Stoff kann nicht verwertet werden und seine Wirkung entfalten.

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Eine Möglichkeit, die Löslichkeit eines Wirkstoffs und damit seine Bioverfügbarkeit zu erhöhen sind Cyclodextrinderivate. „Die ringförmigen Zuckermoleküle besitzen eine hydrophile, also wasserliebende, Außenseite und in ihrem Inneren einen lipophilen, also fettliebenden, Hohlraum. Dieser Hohlraum kann andere lipophile Moleküle wie zum Beispiel pharmazeutische Wirkstoffe als ,Gast‘ einschließen“, erklärt Dr. Silke Dlugai-Esser, Marketingmanagerin im Bereich Pharma bei WACKER.

Als sogenannte Formulierungshilfsstoffe können Cyclodextrinderivate die Löslichkeit schwer löslicher Arzneistoffe erhöhen und die Bioverfügbarkeit der Substanz verbessern. „Durch die Zugabe von Cyclodextrinen kann zum Beispiel aus einem wasserunlöslichen Wirkstoff eine orale oder injizierbare Formulierung zur Behandlung von Patienten hergestellt werden“, sagt Dlugai-Esser.

Formulierung des antiviralen Medikaments Remdesivir

Auch bei antiviralen Medikamenten werden Cyclodextrinderivate als Hilfsstoffe eingesetzt. Einige von ihnen werden derzeit für den Einsatz zur Bekämpfung von COVID-19 evaluiert. Ein Beispiel ist das antivirale Medikament Remdesivir, das vom biopharmazeutischen Unternehmen Gilead Sciences entwickelt wurde. Bei der Formulierung von Remdesivir wird die patentierte Captisol® Technologie von Ligand Pharmaceuticals eingesetzt, um die Wasserlöslichkeit und chemische Stabilität zu verbessern. Captisol® besteht aus Sulfobutylether-beta-Cyclodextrin (SBECD), das Ligand mit einem proprietären, großtechnischen pharmazeutischen Verfahren herstellen lässt. Ligand verfügt über eine langjährige Lieferbeziehung mit WACKER für natives Beta-Cyclodextrin, das als einer der Rohstoffe für die nachgelagerte Herstellung von Captisol® dient. „WACKER liefert uns zuverlässige und qualitativ hochwertige native Cyclodextrine, die wir bei der Herstellung unserer Captisol® Technologie einsetzen. Wir schätzen unsere Beziehung zu WACKER“, sagt Dr. Vince Antle, der für den technischen Betrieb und die Qualität bei Ligand zuständig ist.

Cyclodextrine bestehen aus mehreren ringförmig miteinander verbundenen Glukosebausteinen. Abhängig von der Größe des Rings unterscheidet man folgende Typen: α-Cyclodextrin mit sechs, β-Cyclodextrin mit sieben und γ-Cyclodextrin mit acht Glukoseeinheiten.

WACKER ist das einzige Unternehmen weltweit, das alle drei in der Natur vorkommenden Cyclodextrine herstellt und unter den Handelsnamen CAVAMAX® W6 (α-Cyclodextrin), W7 (β-Cyclodextrin) und W8 (γ-Cyclodextrin) vermarktet. Hergestellt werden die WACKER-Cyclodextrine in den USA – in Eddyville/Iowa. Enzyme verwandeln dort Maisstärke in die Zuckerringe. Die Cyclodextrinderivate, die durch Modifizierung dieser α-, β- und γ-Cyclodextrine mittels Hydroxypropylierung oder Methylierung entstehen, vermarktet WACKER unter dem Namen CAVASOL®.

Dank der speziellen Eigenschaften von Cyclodextrinen kommen sie in ganz unterschiedlichen Gebieten zum Einsatz – nicht nur als Hilfsstoffe in Medikamenten. Das Pharmaunternehmen Janssen, Teil des globalen Gesundheitsunternehmens Johnson & Johnson, verwendet zum Beispiel aktuell ein Cyclodextrin-Derivat (2-Hydroxypropyl-β-Cyclodextrin) als Hilfsstoff in seinem Corona-Impfstoff Ad26.COV2.S.

Neben dem pharmazeutischen Bereich werden Cyclodextrine auch in der Nahrungsmittel-, Kosmetik- und Haushaltswarenindustrie verwendet. Und es werden immer neue Einsatzmöglichkeiten untersucht.

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Als sogenannte Formulierungshilfsstoffe können Cyclodextrinderivate die Löslichkeit schwer löslicher Arzneistoffe erhöhen und die Bioverfügbarkeit der Substanz verbessern.

Cyclodextrine (hier α-Cyclodextrin) besitzen eine hydrophile, also wasserliebende, Außenseite und in ihrem Inneren einen lipophilen, also fettliebenden, Hohlraum. Dieser Hohlraum kann andere lipophile Moleküle wie zum Beispiel pharmazeutische Wirkstoffe als ,Gast‘ einschließen.