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Lösungen für globale Herausforderungen

Bautechnologien

Die Dimensionen sind gewaltig: 2,5 Milliarden neue Stadtbewohner brauchen laut Vereinten Nationen in den nächsten 30 Jahren ein Zuhause. 2050 werden mehr als zwei Drittel der Weltbevölkerung in Städten leben, etwa in künftigen Megacitys wie Luanda (Angola), Hyderabad (Indien) oder Ho-Chi-Minh-Stadt (Vietnam).

Schon heute verursachen Städte drei Viertel aller CO2-Emissionen, obwohl sie nur drei Prozent der Landmasse einnehmen. 2060 soll es doppelt so viele Gebäude auf der Welt geben wie jetzt. Die Herausforderung ist klar: Es geht um lebenswerte Metropolen, deren Bürger nicht auf Kosten der kommenden Generationen leben. An einer nachhaltigen Stadtplanung führt dabei kein Weg vorbei.

Der Kampf gegen den Klimawandel wird in den Städten entschieden.

Die Bauindustrie spielt hier eine entscheidende Rolle. Wohnhäuser und Büros sind laut Internationaler Energieagentur für ein Drittel des weltweiten Energieverbrauchs verantwortlich. Um die Erderwärmung langfristig auf 1,5 Grad zu begrenzen, müssten die Gebäudeemissionen um 80 bis 90 Prozent sinken, sagt der Weltklimarat. Das kann gelingen: mit Häusern, die Sonnenenergie optimal ausnutzen, modernen Heizungen, intelligenten Sensoren und dem Umstieg auf erneuerbare Energien. Schon eine effektive Wärmedämmung kann bis zu 70 Prozent der Energie einsparen, mit der ein Gebäude geheizt oder gekühlt wird.

Noch geht das Wachstum der Städte aber auf Kosten von Menschen und Natur. Der Bauboom in den Schwellenländern lässt selbst scheinbar unerschöpfliche Ressourcen knapp werden. Sand, zum Beispiel. Der wichtigste Rohstoff der Bauindustrie ist vielerorts Mangelware. Es gäbe zwar Unmengen von Wüstensand, doch der eignet sich nicht für Beton oder Mörtel. Also wird in Flüssen, Seen und am Meer oft unkontrolliert und über Gebühr Sand abgebaut.

Ein Bericht des Umweltprogramms der Vereinten Nationen macht das Dilemma deutlich: In den Städten wird immer mehr Sand gebraucht, um Straßen und Wohnungen zu bauen. Doch abseits der Städte verunreinigt unkontrollierter Sandabbau das Grundwasser, lässt Flussufer abrutschen und nimmt Fischern ihre Lebensgrundlage. Eine international agierende „Sand-Mafia“ verdient ihr Geld mit illegalem Abbau. Die UN-Experten fordern eine weltweite Regulierung.

Produkttest

Moderne Bautechnologie kann helfen, natürliche Ressourcen zu schonen.

So lassen sich etwa mit Bindemitteln im Fliesenkleber enorme Mengen an Sand und Zement einsparen. Dass dies keine Marginalie ist, kann man leicht ausrechnen: Zum einen braucht so ein moderner Kleber bis zu 80 Prozent weniger Sand und Zement als herkömmlicher Mörtel. Zum anderen werden auf vier von fünf Baustellen weltweit die Fliesen noch traditionell im Dickbettverfahren verlegt. Das Einsparpotenzial ist somit riesig – auch bei Geld und Zeit.

Für die Bauindustrie ist Produktivität ein Zukunftsthema. Die Branche hat erkannt, wie wichtig dafür digitale Prozesse und eine automatisierte Fertigung sind. Es geht darum, besser, schneller und günstiger zu bauen. In China gibt es mehr und mehr industriell vorgefertigte Standard-Bauteile aus der Fabrik, die vor Ort nur noch zusammengefügt werden. Das spart Zeit und Arbeitskraft und macht urbanes Wohnen für die Mittelschicht erschwinglich.

Könnten diese Gebäude irgendwann rein digital gebaut werden? Erste Versuche gibt es. Roboter können bereits Mauern errichten und arbeiten ohne Frühstückspause. 3D-Drucker erschaffen riesige Kuppeln. Am Massachusetts Institute of Technology gibt es einen Schwarm kleiner Konstruktionsroboter, die sich um ihre eigene Achse drehen und dabei meterhohe, stabile Röhren aus Glasfaser weben.

Egal ob in Cambridge, Addis Abeba oder Paris – überall arbeiten Forscher und Entwickler an kreativen Ideen abseits der gewohnten Pfade, wie wir in den nächsten Jahrzehnten bauen und wohnen könnten.

Doch mit der Nachhaltigkeitsdebatte gewinnt auch die Erhaltung der Infrastruktur wieder mehr Gewicht. Wo in schnell wachsenden Metropolen ältere Gebäude, Straßen oder Brücken häufig abgerissen und neu gebaut wurden, werden sie heute mithilfe innovativer Materialien geschützt oder saniert. Kanäle, Wasserleitungen und Reservoirs lassen sich so abdichten, dass kein kostbares Trinkwasser verloren geht.

Glasfassade mit Solaranlage

Niemand bezweifelt, dass die globalen Herausforderungen komplex sind – und vermutlich immer komplexer werden.

Die Globalisierung führt nicht automatisch zu gleichen Problemen und Lösungen auf allen Kontinenten. Im Gegenteil: es sieht so aus, als ob die global vernetzte Welt sich noch mehr differenziert, was Identitäten und Ideen angeht. Auch die Wege zu mehr Nachhaltigkeit werden unterschiedlich sein.

Jede Veränderung ist erst einmal riskant. Sie bedroht auf kurze Sicht unseren Status quo, zeigt aber langfristig Chancen auf. Mit anpassbaren, flexiblen und individuellen Lösungen lassen sich diese Chancen nutzen.