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Netze, die kommunizieren

Immer mehr Strom stammt aus regenerativen Energiequellen. Doch weil das Aufkommen aus Wind oder Sonne je nach Wetterlage stark schwankt, müssen die Betreiber fortlaufend über den momentanen Zustand ihrer Netze informiert sein. Mit Silicongelen gefüllte und mit Lichtwellenleitern ausgestattete Verbundhohlisolatoren erleichtern den Einbau der benötigten Messapparate.

Schlaue Silicon-Verbundhohlisolatoren Podcast | 17.04.2015 | 6:17 Min

Europas Elektrizitätsversorgung befindet sich im Wandel: Der Strommarkt ist weitgehend liberalisiert, der grenzüberschreitende Stromhandel nimmt zu und immer mehr Windkraft- und Solarstromanlagen gehen ans Netz. In Deutschland wird der Umstieg auf die erneuerbaren Energiequellen von der Bundesregierung in einem ambitionierten Energiewende-Programm vorangetrieben. Und auch in anderen Weltregionen steigt der Anteil des Stroms, der aus Wind, Sonne oder Wasserkraft gewonnen wird. So erwartet die Internationale Energieagentur (IEA), dass regenerative Energiequellen im Jahr 2050 im Nahen Osten mehr als ein Viertel der Elektrizität liefern werden, in China über 15 Prozent.

Weil Windkraftwerke und Photovoltaikanlagen wetterabhängig Strom produzieren, lassen sich Stromangebot und -nachfrage allerdings immer schwieriger ausbalancieren. Dies beeinträchtigt die Netzstabilität und damit auch die Versorgungssicherheit – die Gefahr steigt, dass die bestehenden Netze kollabieren. Im Extremfall drohen Stromausfälle.

Um eine hohe Versorgungssicherheit zu gewährleisten, greifen die Netzbetreiber steuernd und regelnd in die Stromversorgung ein. Dazu benötigen sie fortlaufend möglichst umfassende Informationen über den augenblicklichen Zustand ihrer Anlagen – und sie müssen stets auf dem Laufenden sein, was im Netz gerade passiert. „Ihr Informationsbedarf wird infolge der Energiewende weiter steigen“, prognostiziert Renate Glowacki, die bei WACKER SILICONES die anwendungstechnische Betreuung für Silicone in der Hoch- und Mittelspannungstechnik verantwortet.

„Die Netze werden in Zukunft flexibler sein, als sie es heute sind, und sie werden sich zunehmend selbst steuern und regeln können“, sagt die studierte Wirtschaftsingenieurin mit Schwerpunkt Elektrotechnik. Vordenker der Branche sprechen von einem Smart Grid, einem intelligenten Netz. Völlig dumm sind die Netze aber auch heute schon nicht mehr, zumindest nicht die Hochspannungsnetze. So ist in deren Schaltstationen Mess- und Sensortechnik installiert, die fortlaufend aktuelle Informationen liefert – zum Beispiel über die Spannung, die Stromstärke und die Netzfrequenz. Ein digitales Informations- und Kommunikationssystem wertet die gelieferten Daten aus, veranlasst gegebenenfalls selbsttätig Schaltvorgänge und leitet die Informationen an die Schaltwarte weiter. Dort können Techniker zusätzliche Maßnahmen zur Steuerung und Regelung ergreifen.

Sensible Messköpfe schützen

Vor der Auslieferung jeder Charge wird die Qualität von POWERSIL® Gel C 670 im anwendungstechnischen Labor in Burghausen überprüft. Das Gel lässt sich einfach vergießen und dringt in jeden noch so kleinen Hohlraum ein. Dadurch werden Luftlöcher vermieden und die Durchschlagsfestigkeit wird erhöht. Im vernetzten Zustand haftet es zudem sehr gut und lässt sich flexibel dehnen.

Wie überall in der Hochspannungstechnik kommt es auch bei den Geräten, die zum Monitoring – zur messtechnischen Überwachung des Netzes – eingesetzt werden, auf eine zuverlässige elektrische Isolation an. Sämtliche spannungsführenden Teile des Geräts, meist sein gesamter Messkopf, müssen vom Boden und von geerdeten Betriebsmitteln isoliert sein und stehen oftmals auf einem Hohlisolator. „Werden die Messapparate im Freien betrieben – und das ist in vielen Hochspannungsschaltanlagen der Fall –, entscheiden sich die Betreiber immer häufiger für Silicon- Verbundhohlisolatoren“, sagt Dr. Armin Merten, Entwicklungsleiter der in Regensburg ansässigen Reinhausen Power Composites GmbH. Das bayerische Unternehmen zählt zu den weltweit führenden Herstellern von Silicon-Verbundhohlisolatoren.

Messköpfe der neuen Generation liefern ein optisches Signal; einige Messköpfe benötigen auch Licht, um eine Information zu erzeugen. Zum Transport des Lichts dienen Lichtwellenleiter. Sie verbinden den Messkopf mit der Anschlussstelle des Kommunikationssystems. Bislang werden die Lichtwellenleiter über eine sogenannte Isolatorkette – das sind Stabisolatoren, die kettenartig miteinander verbunden sind – geführt. Die Isolatorkette befindet sich als zusätzliche Komponente neben dem Stützisolator, der den Messkopf trägt. Merten erläutert: „Die empfindlichen Lichtwellenleiter können nicht einfach frei herabhängen, sondern müssen mechanisch abgestützt werden, um sie vor Beschädigung oder Bruch zu schützen. Gleichzeitig darf aber durch die Abstützung kein elektrisch leitfähiger Pfad zur Erde und zum geerdeten Anschlusskasten entstehen. Deshalb werden die Lichtwellenleiter mithilfe einer Isolatorkette zum Boden geführt.“

Hohlisolatoren

Einen Hohlisolator kann man sich als leeres, elektrisch nicht leitendes Rohr vorstellen, das auf der Außenseite ringförmig angeordnete Isolatorschirme trägt. Hohlisolatoren werden vor allem als Außenisolierung verschiedener elektrotechnischer Apparate wie Durchführungen, Messwandler, Leistungsschalter oder Überspannungsableiter eingesetzt. Ein traditioneller Werkstoff für Hohlisolatoren ist ein dunkelbraunes oder graues Hartporzellan. Verbundhohlisolatoren bestehen dagegen aus einem glasfaserverstärkten Kunststoffrohr (GFKRohr), das an den Enden mit Flanschen ausgerüstet ist und eine Schirmhülle aus einem elastischen Kunststoff trägt. Als Werkstoff für die Schirmhülle wird ein Siliconelastomer eingesetzt. Das GFK-Rohr gibt dem Verbundhohlisolator die benötigte mechanische Festigkeit und Dichtigkeit. Die Silicon-Schirmhülle sorgt zuverlässig für die elektrische Isolation. Die Flansche sind notwendig, um den Isolator am Einsatzort montieren zu können. Verbundhohlisolatoren für die Hochspannungstechnik können große Abmessungen haben. Als Faustregel gilt: Pro 100.000 Volt beträgt die Länge etwa einen Meter.

Für die Netzbetreiber bedeutet solch eine Isolatorkette aber zusätzliche Kosten, die sie nach Möglichkeit vermeiden wollen. Merten erinnert sich: „Vor einigen Jahren fragte uns ein Kunde, ob es nicht möglich sei, die Lichtwellenleiter durch den Innenraum des Stützisolators zu führen und auf diese Weise die Isolatorkette einzusparen.“ Diese Frage regte Reinhausen Power Composites an, einen Verbundhohlisolator zu entwickeln, in dem die Lichtwellenleiter bereits integriert sind und sicher geführt werden. Ein solcher Verbundhohlisolator kann als Stützisolator für einen Messkopf oder Sensor dienen, bei dem die zusätzliche Isolatorkette nicht länger notwendig ist.

Lichtwellenleiter integriert

Im Innern eines solchen Verbundhohlisolators befinden sich mehrere anschlussfertig konfektionierte, kunststoffummantelte Lichtwellenleiter. Sie werden in leicht geschwungener Form durch das mit Metalldeckeln verschlossene glasfaserverstärkte Kunststoffrohr (GFK-Rohr) geführt, das die Grundstruktur des Hohlisolators bildet, und stehen beidseitig aus dem Hohlisolator heraus. Der Hohlraum des GFK-Rohres ist vollständig mit einem kompressiblen Silicongel vergossen, sodass die Lichtwellenleiter in dem Gel eingebettet sind.

„Der Hohlraum muss mit einem gut isolierenden Medium aufgefüllt werden – Luft genügt in Hochspannungsanwendungen nicht, ihre Durchschlagsfestigkeit ist zu gering“, erklärt Merten. Die Durchschlagsfestigkeit gibt an, wie groß die Spannung höchstens sein darf, damit kein Lichtbogen entsteht, der durch das gesamte Isolationsmedium hindurchgeht.

Ein Mitarbeiter von RPC bei der Prüfung eines Isolators.

Prinzipiell könnte man zwar auf ein stärker isolierendes Gas oder auf ein Isolieröl ausweichen. Allerdings würde man sich damit ein hohes Leckage-Risiko einhandeln. Das Isolationsmedium könnte in die Umwelt gelangen und zugleich Luft in den Hohlraum eindringen. Wird ein gasförmiges oder flüssiges Isolationsmedium angewandt, müsste die Anlage somit regelmäßig inspiziert und gewartet werden, was für den Betreiber aufwendig und kostspielig wäre. Setzt man ein festes Isolationsmedium ein, wie es zum Beispiel ein vulkanisiertes Silicongel darstellt, existieren diese Probleme nicht. „Mit einem Silicongel kann ein Verbundhohlisolator über Jahrzehnte wartungsfrei betrieben werden“, sagt Merten.

Nach umfangreichen Tests mit unterschiedlichen festen Isolationsmedien entschied sich Reinhausen Power Composites für POWERSIL® Gel C 670 von WACKER. Dieses Produkt ist ein gießbarer, additionsvernetzender Siliconkautschuk, der jedoch nicht wie ein gewöhnlicher Siliconkautschuk zu einem Elastomer aushärtet, sondern zu einem weichen und stark klebrigen Gel vulkanisiert. „Das Vulkanisat ist weitmaschig vernetzt, wodurch es sehr nachgiebig und flexibel ist und sich formschlüssig an feste Oberflächen anschmiegt“, so Glowacki. „Zudem ist POWERSIL® Gel C 670 mit einem besonderen Füllstoff formuliert, der das Gel kompressibel macht und ihm zugleich eine niedrige Dichte verleiht.“ Hinzu kommen die silicontypischen Vorteile. So ist das Gel alterungsbeständig, wirkt elektrisch sehr gut isolierend, greift andere Materialien chemisch nicht an und ist gesundheitlich unbedenklich.

Ideale Eigenklebrigkeit

Warum Silicon-Verbundhohlisolatoren?

Konstruktions- und werkstoffbedingt zeichnen sich Silicon-Verbundhohlisolatoren durch eine Reihe von Vorteilen gegenüber Porzellan-Hohlisolatoren aus: Sie wiegen ein Drittel weniger als vergleichbare Hohlisolatoren aus Porzellan. Das geringere Gewicht macht sich beim Zusammenbau, beim Transport und bei der Montage der elektrischen Apparate in der Anlage positiv bemerkbar. Wegen ihrer Elastizität sind Verbundhohlisolatoren erdbebensicher, können beim Transport nicht brechen und bei mutwilliger Beschädigung oder Beschuss nicht explodieren. Weil Siliconelastomere stark hydrophob, also wasserabweisend sind, und weil sie die Hydrophobie sogar auf abgelagerte Verschmutzungen übertragen können, müssen Silicon-Verbundhohlisolatoren im Einsatz nicht gereinigt werden. Das minimiert den Wartungsaufwand. Hinzu kommt die silicontypische Alterungsbeständigkeit. Resultat ist eine hohe Lebensdauer der Verbundhohlisolatoren bei minimalen Wartungskosten. Vorteilhaft ist außerdem, dass Verbundhohlisolatoren schneller gefertigt werden können als Porzellan-Hohlisolatoren.

Mit diesem Eigenschaftsprofil konnte das Silicongel bei Reinhausen Power Composites punkten. Besonders beeindruckt ist Entwicklungschef Merten von der Eigenklebrigkeit des Materials: „Das Silicongel haftet unglaublich gut auf dem GFK-Rohr, den Lichtwellenleitern und den Metallflanschen. Das ist für unsere Anwendung wichtig, weil sich das Gel auch dann nicht von den anderen Komponenten ablösen darf, wenn sich die Werkstoffe thermisch unterschiedlich ausdehnen.“ Dort, wo sich das Füllmedium ablöst, würde eine Luftblase entstehen – Luftblasen aber fürchten Hochspannungstechniker wie der Teufel das Weihwasser. Warum, das erklärt Merten: „An Luftblasen können Teilentladungen entstehen, die das Isolationsmedium immer weiter schädigen und nach einiger Zeit zum Versagen des Isolators führen.“

Weil das Silicongel kompressibel ist, wirkt es im verschlossenen GFK-Rohr seiner eigenen thermischen Ausdehnung entgegen – es passt sein Volumen bei der Ausdehnung dem vorgegebenen Raum an. Das ist in der Praxis wichtig, weil der Isolator ständig den tages- und jahreszeitlichen Temperaturschwankungen ausgesetzt ist und zudem im Betrieb heiß werden kann. Steigt die Temperatur, dehnt sich das im Rohr eingeschlossene Gel wegen seiner Kompressibilität nur so geringfügig aus, dass es das Rohr nicht zum Platzen bringt. Sinkt die Temperatur, schrumpft es praktisch nicht, sondern nimmt wiederum das vorgegebene Volumen ein, ohne sich von den anderen Komponenten abzulösen – hier spielen Kompressibilität und Haftungseigenschaften perfekt zusammen.

Test eines von Reinhausen Power Composites hergestellten Verbundhohlisolators.

Um den Hohlraum blasenfrei zu vergießen, befüllt Reinhausen Power Composites die Verbundhohlisolatoren von unten mit dem flüssigen POWERSIL® Gel C 670. Dabei wird das Gel mit einem geringen Überdruck eingefüllt und auf diese Weise von vornherein in einem gewissen Maß komprimiert. „Durch einen genau dosierten Überdruck schaffen wir eine zusätzliche Sicherheit dafür, dass sich das Gel selbst im tiefsten sibirischen Winter stets formschlüssig an die Rohrwand schmiegt“, erklärt Entwicklungsleiter Merten. Nach dem Füllen härtet das Gel bei Raumtemperatur innerhalb von etwa acht Stunden aus.

Als ein weiches und nachgiebiges Material bietet das kompressible Gel den eingebetteten Lichtwellenleitern einen perfekten Schutz vor äußeren mechanischen Einwirkungen. Für Dr. Armin Merten steht fest: „In unseren neuen Spezial-Verbundhohlisolatoren liegen die Lichtwellenleiter sicher wie in Abrahams Schoß. Mit POWERSIL® Gel C 670 haben wir für unsere Zwecke das optimale Vergussmaterial gefunden.“ Unter der Marke POWERSIL® bietet WACKER spezielle Silicone für Anwendungen in der Mittel- und Hochspannungstechnik an – neben Silicongelen unter anderem auch Elastomere und Siliconcoatings.

„Mit POWERSIL® Gel C 670 haben wir für unsere Zwecke das optimale Vergussmaterial gefunden.“

Dr. Armin Merten, Entwicklungsleiter, Reinhausen Power Composites GmbH

Erste Serienproduktion

Ein Mitarbeiter von RPC bei der Prüfung eines Isolators.

Auch Reinhausen Power Composites verwendet zur Herstellung der Schirmhülle der Verbundhohlisolatoren einen Siliconkautschuk von WACKER, den zweikomponentigen Flüssigsiliconkautschuk POWERSIL® XLR® 630. Das Regensburger Unternehmen spritzt dieses dünnflüssige Silicon bei einem relativ niedrigen Druck auf das GFK-Rohr. POWERSIL® XLR® 630 wurde speziell für dieses Verfahren konzipiert, das in der Branche weit verbreitet ist.

„Mit WACKER verbindet uns weit mehr als eine einfache Lieferantenbeziehung“, erklärt Dr. Merten. „Besonders wissen wir zu schätzen, dass uns die Anwendungstechniker von WACKER SILICONES bei technischen Fragen und Problemen stets zur Seite stehen. Auch bei der Entwicklung neuer Produkte können wir uns auf eine kompetente technische Unterstützung verlassen.“

Inzwischen ist die erste Serie dieser Verbundhohlisolatoren mit integrierten Lichtwellenleitern in Betrieb: Im Rahmen eines Modernisierungsprojektes werden sie zusammen mit optischen Messwandlern in 110-Kilovolt- Schaltanlagen in Neuseeland eingesetzt. Die dort verwendeten Hohlisolatoren sind etwa 1,50 Meter hoch und haben einen Innendurchmesser von rund 15 Zentimetern.

Verbundhohlisolatoren mit integrierten Lichtwellenleitern können aber noch mehr: Die optischen Fasern der Lichtwellenleiter lassen sich auch als Sensoren für Licht und Temperatur nutzen. Weil Lichtwellenleiter also nicht nur Signale transportieren, sondern auch selbst Informationen liefern können, eignen sich die neuen Spezial-Verbundhohlisolatoren prinzipiell dazu, andere elektrische Betriebsmittel zu überwachen. Möglich wird etwa die Erkennung von Lichtbögen, die bei Störungen auftreten. So lassen sich zum Beispiel defekte Apparate identifizieren, die daraufhin automatisch abgeschaltet werden können – ein weiterer Schritt in Richtung eines Smart Grid. WACKER wird die Entwicklung auch in Zukunft mit maßgeschneiderten Siliconprodukten begleiten, denn das Anwendungspotenzial der neuen Verbundhohlisolatoren ist noch lange nicht ausgeschöpft.

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